Aaaaalso, nach einer guten Meile quer durch Deutschland bin ich nun wieder heile in München „gelandet“. Gestern noch von Muttern bemuttert worden (bei dem Umbau wird jeder Mann zum direkten Windelkind) und jetzt hab ich endlich mal ein Wenig Ruhe, um Euch die Erfahrung irgendwie zu vermitteln.
Mit einem Video kann ich noch nicht dienen – zudem haben die bisherigen Videos im Netz nur sehr schwammig das akustische Inferno – nein, die theatralische Phonetik des Weltuntergangs übertragen können...
Also versuche ich es mal auf der literarischen Spur:
Folgende Variante ist bei mir verbaut: Sport-AGA ab Werk, MSD von ASG in der Version Race (es gibt noch eine weitere Stufe mit ca 10% mehr Lautstärke).
Sämtliche Angaben sind auf Basis von komplett offenen Klappen. Dank einem tollen Schalter kann ich die Klappen per Knöppes beliebig auf und zumachen.
Kaltstart:
Hier kann ich noch nicht besonders viel sagen, da es bisher erst ein paarmal „geschehen“ ist. Vom Gefühl her erwacht ein Wachhund, der auf dem Hof durch einen Einbrecher aufgeschreckt wird. Sofort nachdem die steifen Glieder gestreckt wurden, fängt er an zu Bellen und das Adrenalin wird in Literflaschen den Muskeln zugeführt... Eine Mischung aus Ballern und schreien.
Leerlauf - 1000U/min:
Nach diesen rund 1,5 min nicht direkt zuordbaren Gefühlsausbrüchen fällt der Motor in seinen feng shui Ruheschlaf – tief atment, jederzeit präsent durch tiefe Atemzüge, aber nicht aufdringlich. Man merkt ein tiefes Brabbeln, das eine Ahnung auf die großen Hübe der Kolben gibt. Akustisch zurückhaltend und sogar ein wenig aristokratisch wartet der Motor auf neue Befehle des Reiters.
2000U/min:
Noch immer völlig tiefenentspannt schüttelt der Motor, pardon – das Herz genau die Leistung aus dem Ärmel mit der akustischen Note eines Ami V8, als ob es darum ging, per Fernbedienung von DMAX auf Eurosport umzuschalten – Es kostet nicht viel Überwindung, es wird einfach gemacht. Das hierbei bereits unfreiwillige Passanten die Ohrwatscheln (für nicht Bayern: Ohren) spitzen, vernimmt man als Reiter nur peripher – zu schön ist in dieser Drehzahlregion das ganz leicht ansetzende Stakkato, dass nur Herzen mit 8 Töpfen von sich geben können. Die Lautstärke ist nur ganz leicht angehoben und bietet einen idealen Klangteppich, der sich unaufdringlich wie eine Aura um das Fahrzeug bildet. Die Klangfarbe entspricht einem gut startenden AMG, jedoch bedingt durch die niedrige Drehzahl entscheidend unaufgeregter – Der Hund läuft perfekt an der Leine.
3000U/min:
Wir kommen langsam in den Drehzahlbereich, an dem wir schon spüren, dass der Motor in Kombination mit der neuen AGA die komplette Klaviatur der multiplen Oktaven spielend beherrscht. Ab jetzt wird der Klangteppich, zwar nach wie vor unaufgeregt, von einer nervösen, sportlichen Note unterstützt. Die Lautstärke kann mit dem Gasfuss leicht beeinflusst werden, es scheint keine Grenzen zu geben. Wie ein Hengst, der auf die Koppel zum Gallopieren möchte, würzt sich die bisher doch elaborierte Ausdrucksweise langsam zu einem Schnauben und das Stakkato des Herzens wird deutlicher. Als ob man die Verbrennungstakte einzeln wahrnimmt, so sauber trennt die AGA die heißen Gase. Noch immer ist das Grundbild ein dumpfer, tiefbassiger und sehr entspannter Klang... Aber es geht weiter...
4000U/min:
Hoppla, was war denn das? Eben noch ein tiefenentspanntes Wesen, dass die Hektik des Alltags nicht weiter interessiert und nun? Es erwacht ein Stier..! Nicht, dass man ihm die Klöten zugebunden hätte – nein, es ist eher die pure Lebensfreude, die plötzlich mit deutlicher Stimme signalisiert –gibs mir! Die vornehme Zurückhaltung changiert langsam zu einem präsenten, sehr sportlich klingenden V8 Ballern – spätestens jetzt können sich Weggenossen wie ein SLS AMG, ein M3 und wie sie alle heißen, ganze weit hinten anstellen – spätestens jetzt ist der Wagen so deutlich vom Rest vernehmbar, dass selbst der grünste Umweltaktivist lobend anerkennen muss, dass das Verbrennen von Erdöl die wohl emotionalste Art der Umweltverschmutzung sein kann. Juche, ein kribbeln fährt durch den Magen – leichte Nervosität macht sich breit, der Stier will rennen. Spätestens ab 4500U/min lässt der Wagen jede Scheu vermissen...
5000U/min:
Wer bis jetzt gelesen hat und sich gedacht hat, wann geht es denn endlich so richtig los... Voila: Wir haben die Weggabelung erreicht und sind auf dem Weg in die Hölle abgebogen. Der andere Weg hätte in Richtung Serienschlampe auf Champagner Skampi Cocktail gezeigt – Das wollen wir nicht – wir Grillen lieber ein saftiges Steak!!
Die Strassen werden langsam zum Schauplatz einer Fanfare in D-Dur – Es kommt niemand mehr diesem Drang aus – Die bisherige Zurückhaltung ist nun vollends zurückgelassen, das zweite ICH in Form eines reinrassigen DTM Rennmotors kommt hervor, die Gier nach Drehzahl ist so vehement, dass man in dieser Region nur sehr kurz verweilt... Gänsehaut Feeling pur!!!
6000-7000U/min:
Dieser Bereich ist bereits mit Worten nur noch ganz schwer einzufangen. Eine Mischung aus Angst und Geilheit überzieht alle Sinnesorgane... Die Lautstärke erreicht gefühlt das Volumen eines Kampfjets im Tiefflug – völlig entfesselt hämmert die Mechanik einen Klangteppich, nein besser einen Klangkorridor (der Teppich ist längst zerfezt) in die Ohren, der da lautet: Gibts mir und das ordentlich!!! Anfänglich dachte ich noch, dass ist das Ende der Welt, aber es geht doch immer wieder weiter... Die Farbe des Klangs ist nun auf dem Niveau eines Lambo mit 8 Töpfen – also etwas dumpfer im Abgang, aber genauso herzerweichend schreiend.. schreiend nach noch mehr Drehzahl...
8000 – Ende U/min:
Ganz ehrlich, ich bin kein ängstlicher Mensch, aber über 8000U/min hab ich mich schlicht nicht getraut!! Ich habe Angst davor, dass dann alles mit einem Knall vorbei ist, ich aus dem Traum aufwache, in einen 1,2L Doppelturbo mit 4-Fach Kompressor aufgeladenen 2-Takter mit Hybrid und wasweisichwasnochalles eingsteigen muss und per elektrischer Wegführung im Stau der anderen mitschwimme....
Nein, davor will ich noch jeden Moment geniessen und mit einem guten Gefühl im Alter meinen Enkeln erzählen können, ja, DAS liebe Kinder waren Dinosaurier auf der Strasse – aber sie haben den Opa immer so glücklich gemacht!
Für mich war und ist ein freisaugender V8 ein Spritfresser, ein umständliches Ungetüm, eine polarisierende Strassensperre, ein zum Leben nicht notwendiges Konstrukt – aber es ist die pure Emotion und Leidenschaft, die diese Art von Motor zur schönsten Sucht auf dieser Erde macht!